„Gesucht: Menschen, die begeistern und sich begeistern lassen“

SHInsight exklusiv im Gespräch mit Maximilian von Laer und Dr. Vishnu Ramdeo zu den Zielen und Perspektiven des „Indo-German Young Leaders Forum“

Zur Anerkennung von „ganz oben“ kam es im vergangenen Mai, als Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premierminister Narendra Modi im Rahmen der vierten deutsch-indischen Regierungskonsultationen sozusagen offiziell ihren Segen gaben. Die Gründung der Initiative „Indo-German Young Leaders Forum“ war bereits im Dezember zuvor in der indischen Botschaft in Berlin erfolgt, der über 170 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft beiwohnten.

SHInsight: Herr von Laer, Herr Dr. Ramdeo, es gibt so viele deutsch-indische Initiativen, Veranstaltungen und Runde Tische. Wozu braucht es jetzt noch das „Indo-German Young Leaders Forum“?

Maximilian von Laer: Die Frage trifft genau den Punkt. Die meisten deutsch-indischen Initiativen konzentrieren sich entweder auf‘s Netzwerken zum Zwecke der Geschäftsanbahnung oder auf den kulturellen Austausch. Wir wollen aber gerade keine weitere singuläre Plattform sein, auf der etablierte Geschäftsleute schnelle „Deals“ anbahnen oder Dichterlesungen abgehalten werden, so wichtig auch solche Aktivitäten natürlich sind. Wir setzen dagegen auf den Aufbau langfristiger Beziehungen auf allen Ebenen des menschlichen Miteinanders, um einander zu verstehen, voneinander zu lernen und auf lange Sicht beide Länder und ihre Menschen intensiver zu verbinden. Wenn daraus ein „Deal“ entsteht, ist das ein netter Nebeneffekt, aber eben nicht das zentrale Ziel. Unser Ansatz ist der holistische: Um langfristig miteinander auszukommen, muss man die Mentalität des individuellen Gegenübers verstehen und gegebenenfalls sein Anders-Sein respektieren.

Können Sie ein paar Beispiele nennen?

Dr. Vishnu Ramdeo: Nehmen Sie nur das Thema Studium und Ausbildung, das Deutsche und Inder wechselseitig bewegt – nicht nur mit Blick auf den Fachkräftemangel in Deutschland oder das sich nur sehr langsam verbreitende Duale Ausbildungssystem in Indien. Ein anderes Beispiel ist der Austausch unter Medizinern – wie können sie einander unterstützen und voneinander lernen, etwa in Sachen Hygiene in Krankenhäusern. Weiterbildung speziell von Frauen ist ein weiteres mögliches Thema. Austausch ist übrigens nicht nur als Gedankenaustausch gemeint, sondern auch als gegenseitiger Besuch, um sich persönlich ein Bild davon zu machen, wie der jeweils andere mit einem bestimmten Thema konkret umgeht.

Wie sind Sie auf die Idee zur Gründung des IGYLF gekommen?

von Laer: Zunächst einmal verbindet uns unsere Biografie zum jeweils anderen Land. Vishnu hat ein Jahr als Stipendiat in Deutschland verbracht, ich selbst bin zum Teil in Indien aufgewachsen, habe zum Beispiel in Neu-Delhi meinen Zivildienst absolviert. Kennen gelernt haben wir beide uns schließlich 2015 im russischen Kazan auf der „German-Russian Young Leaders Conference“.

Dr. Ramdeo: Im Gespräch sind wir uns dann sehr schnell einig geworden: Etwas in dieser Art muss es einfach auch zwischen Deutschland und Indien geben. Es bestehen zwar zwischen beiden Ländern große Unterschiede, aber eben doch auch jede Menge Gemeinsamkeiten, deren Potenzial wir zum gegenseitigen Nutzen heben müssen.

von Laer: Es ging alles sehr schnell. Wir haben mit potenziellen Unterstützern gesprochen, etablierte Führungspersönlichkeiten überzeugt, uns als Kuratoriumsmitglieder mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, ein großartiges Team aus Gleichgesinnten aufgebaut und einen gemeinnützigen Verein in Deutschland gegründet. Dass wir unsere Initiative dann in der indischen Botschaft in Berlin der Öffentlichkeit präsentieren konnten, hat allen gezeigt, dass wir es ernst meinen mit unserem Engagement. Ohne unser Team wäre das alles aber natürlich nicht realisierbar gewesen.

Wen genau sprechen Sie als „Young Leader“ an?

von Laer: Wir richten uns an Menschen im Alter von ca. 25 bis 35 Jahren, wobei das Alter bei weitem nicht das einzige Kriterium ist. Viel wichtiger ist uns die Interpretation des Attributs „Leader“. Darunter verstehen wir Menschen, die andere inspirieren können – beruflich, politisch, gesellschaftlich, geistig. Menschen, die offen und neugierig sind, die begeistern können und sich begeistern lassen. Also Menschen mit echter Leadership-Mentalität und nicht ausschließlich an Geschäftsinteressen oder gar allgemein an den beiden Ländern Interessierte. In unserem Kreis sollen Freundschaften geschlossen werden, die die nächsten 50 Jahre überdauern. Es geht um den Austausch zu allen möglichen Aspekten der deutschen und indischen Gesellschaft, um daraus Stärke für die globalen Herausforderungen der Zukunft zu entwickeln.

Welche konkreten Aktivitäten wird es geben?

Dr. Ramdeo: Den Kern unserer Initiative bildet eine jährliche Konferenz mit ca. 50 Teilnehmern, die wir abwechselnd in Indien oder Deutschland organisieren. Im vergangenen Mai fand diese das erste Mal in Berlin statt, dann im September eine Auftaktveranstaltung in der deutschen Botschaft in Neu-Delhi, bei der bereits die räumlichen Kapazitäten kaum ausgereicht haben, um allen Interessierten einen Sitzplatz zur Verfügung zu stellen. Im November fand das erste Alumni-Treffen in Berlin statt. Im Februar 2018 wird es dann die nächste Konferenz in Neu-Delhi geben. In den größeren Städten bilden sich außerdem bereits Lokalgruppen, die vor Ort kleinere Veranstaltungen organisieren werden um sich zu bestimmten Schwerpunktthemen auszutauschen. Und so bauen wir unsere Aktivitäten sukzessive aus. Wir verstehen uns als Plattform, die weitere Initiativen inspiriert. Die Ideen unserer Teilnehmer versuchen wir dann natürlich zu unterstützen.

In Deutschland ist immer noch wenig bekannt, dass sich Indien in den vergangenen 20 Jahren zu einem hoch technisierten und innovativen Land mit gut ausgebildeten jungen Fach- und Führungskräften entwickelt hat. Kann da das IGYLF ein bisschen Aufklärungsarbeit betreiben?

von Laer: Natürlich; aber bleiben wir bescheiden. Auch wir werden mit unserer Initiative nicht alle erreichen und beeinflussen können. Wir zielen vor allem auf all jene, die das jeweils andere Land noch nicht kennen und vielleicht auch noch gar nicht auf die Idee gekommen sind, es kennen zu lernen – die sich aber von uns dazu inspirieren lassen, es einmal auszuprobieren. Wir sehen uns als Förderer der Menschen und als Werber für deren Potenzial.

Wie finanzieren Sie Ihre Aktivitäten, und wer unterstützt Sie dabei?

Dr. Ramdeo: Zunächst einmal gibt es Unkostenbeiträge für die Teilnahme an den Konferenzen. Viel wichtiger ist jedoch, dass wir auf Unterstützung der Regierungen beider Länder zählen können, etwa durch deren Botschaften – sei es durch die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten oder die erleichterte Visaerteilung. Außerdem gibt es Sponsoren, die uns ideell und finanziell unterstützen. Und schließlich stehen uns prominente Beiräte zur Seite, die sich ihrerseits über ihre Netzwerke und mit ihrer Erfahrung für uns einsetzen.

www.igylf.org

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